Ab und zu bin ich mal gefragt worden, was man sich in Amsterdam (NL) alles so antun kann. Auf dem Gebiet von Schrift und Typografie natürlich … Über die Jahre habe ich alles Mögliche an Tipps zusammengestellt. Die Liste wurde immer länger, höchste Zeit also, sie zu veröffentlichen!
Universität von Amsterdam – Bijzondere Collecties
Ausstellungen über (niederländisches) Schrift- und Grafikdesign findest du in dem Gebäude der Bijzondere Collecties (Sondersammlungen) der Universität von Amsterdam. Hier befindet sich auch die Buchhandlung Nijhof & Lee, einer der Besten in den Niederlanden auf dem Gebiet der Typografie und Design. Die haben auch viele englische Titel!
Anschrift: Oude Turfmarkt 129
Stedelijk Museum
Gehe auf jeden Fall ins Stedelijk Museum. Leider hat das Museum das hässlichste Logo der Welt, es wird auch als Grabstein des Dutch Design betitelt. Nicht desto trotz sind da öfters Ausstellungen über Grafikdesign und sogar Typografie zu sehen.
Rijksmuseum
Gut zu wissen: Schrift, Typografie und Grafik-Design findest du nicht im Rijksmuseum. Da gehen alle hin die Rembrandts Nachtwacht (Nachtwache) sehen wollen. Auch schön, aber da drauf ist eben keine Typo zu sehen. Direkt hinter dem Museum, auf dem Museumplein, befand sich bis Ende 2018 I Amsterdam, der wahrscheinlich am häufigsten fotografierte Schriftzug dieser Stadt. Die Schrift ist übrigens die Avenir von Adrian Frutiger.
Centraal Station
Die allergrößte und längste Beschriftung der Stadt ist einem Entwurf von Erik Vos und Fred Smeijers. Sie befindet sich am gläsernen Dach der neuen Bushaltestelle, parallel zum Centraal Station, auf der Nordseite zum IJ. Lese hierzu auch die kritische Bemerkungen von Piet Schreuders auf Typographica.
Metrostation Wibautstraat
In die Wibautstraat, die ehemalige Amsterdamer Fleet Street befindet sich, unweit des Volkshotels die Metrostation Wibautstraat. Auf dem Bahnsteig steht das Matrizengebäude (aus alten Druckmatrizen für den Zeitungsdruck) und Beschriftung, entworfen von Opland, ein Illustrator dessen politische Karikaturen täglich in De Volkskrant erschienen. Auch die große Wandbeschriftungen, die an das hier früher ansässige Zeitungsgewerbe erinnern sollen, sind von seine Hand.
Metrostation Waterlooplein
Der Entwurf für diese Wandbeschriftung ist vom niederländischen Grafik-Designer und Typografen Willem Sandberg. Seine Plakate und Kataloge für das Stedelijk Museum kennzeichneten sich oft durch die für seinem Stil typische Buchstaben aus gerissenem Papier.
Metro – Leitsystem
Die ursprüngliche Beschriftung des Leitsystems in den Amsterdammer Metrostations wurde mit der M.O.L., entworfen von Gerard Unger, ausgeführt. Die neuesten Schilder sind jedoch mit der FF Profile von dem Berliner Schriftdesigner Martin Wenzel gestaltet worden.
Nationaal Monument
Schau Dir auch das Nationaal Monument (Nationaldenkmal) zum Gedenken der Opfer des Zweiten Weltkrieges auf dem Dam an. Die weiße Mauer hinter dem Denkmal trägt die längste Inskription der Niederlande. Die Schrift für die Inskription wurde von dem berühmten niederländischen Schriftgestalter Jan van Krimpen entworfen.
Tuschinsky
Das Kino Pathé Tuschinsky ist ein sehr schönes Kino mit Fassade, Einrichtung und Beschriftung im Art Deco-Stil.
Anschrift: Reguliersbreestraat 26.
Homomonument
Unbedingt das Homomonument anschauen. Natürlich wg. der Beschriftung. Der Entwurf für die Beschriftung ist von Frank Blokland (Dutch Type Library), sie basiert auf seine Schrift Cellini. Luc(as) de Groot half ihm bei der Ausführung.
Brugletter
Der Zufall will, dass du von der Niek Engelschmanbrug (keine Ahnung wer das ist) nicht nur das Homomonument, aber auch einer der typische Amsterdammer Brückenbeschriftungen aus den 1930er sehen kannst. Die meisten Brückenbeschriftungen dieser Art sind wahrscheinlich nach einer Vorlage vom Architekten Anton Kurvers gezeichnet worden. Vor einigen Jahren entwickelte Reneé Knip hieraus einige seiner Schriften. Später gestaltete Ramiro Espinoza auf dieselbe Grundlage seine Schrift Kurversbrug.
American Hotel
Das American Hotel am Leidseplein ist ein interessantes Gebäude im Art Deco-Stil.
Anschrift: Leidseplein 28
Volkshotel
Das Volkshotel im ehemaligen Gebäude der Tageszeitung De Volkskrant ist interessant wg Lettering und Einrichtung und überhaupt. Der Cocktailbar Doka (Dunkelkammer) sowie die Cafés Werkplaats (Werkstatt) und Canvas (mit Dachterrasse) sind auch für nicht-Hotelgäste offen!
Scheepvaarthuis
Das ehemalige Scheepvaarthuis (Schifffahrtshaus) ist heute Hotel Amrath und liegt in der Nähe vom Centraal Station. Interessant wg der Architektur, die Einrichtung und der Beschriftungen, beide im Stil der Amsterdamse School (Amsterdammer Schule, Art Deco).
Botel
Es soll Leute geben die Schrift ziemlich langweilig, wenn nicht sogar schlaferweckend finden. Im Botel liegen sie damit richtig, weil hier kann man in einen Buchstaben die Nacht verbringen. Die Buchstaben auf dem Dach sind als Hotelzimmer eingerichtet. Der Schriftzug ist vielleicht nicht der allerschönste der man sich denken kann, dafür aber lustig und die Aussicht ist sicherlich traumhaft.
Krulletter
Typisch für Amsterdam ist auch das Bruin Café, eine Art von Eckkneipe wo kleine Perser Teppiche gerne als Tischdecke eingesetzt werden. Die Fenster sind oft mit der sogenannte Amsterdammer Krulletter (Schnörkelschrift), die Schöpfung zweier Amsterdammer Schriftenmaler, beschriftet wurden. Ramiro Espinoza schrieb hierüber das Buch De Amsterdamse Krulletter / The Curly Letter of Amsterdam (Text in Niederländisch und Englisch) und gestalte seine Schrift Krul auf der Grundlage dieser Beschriftungen.
Straatnaamborden (Straßenschilder)
In Deutschland werden die Straßenschilder in der Regel mit der DIN 1451 beschriftet. Die Straßenschilder in die Niederlande natürlich nicht. In Amsterdam sieht man meistens die schmale leichte Versalien der NEN 3225. Der Entwurf ist vermutlich von Jan van Krimpen oder von Sem Hartz. Ist der Straßenname in einer fetteren Schrift und gemischt geschrieben, dann handelt es sich meistens um die ANWB-e, auch bekannt als Ovink-e, ein Entwurf des niederländischen Typografen G. W. Ovink.
Beschriftung / Lettering
Wer die Augen auf hat, findet immer wieder schöne alte Beschriftungen. Wie diese hier, oder eben diese. Sogar in Artis, der Amsterdammer Zoo, findet man schöne Buchstaben.
Seit Anfang 2017 gibt es von Underware auch ein Buch zu diesem Thema:
Typo Safari Amsterdam
http://www.underware.nl/blog/2017/01/new-publication-safari-typo-amsterdam/
have a great time!
Albert-Jan Pool